Digital Development Goals – Ziele für eine gerechte und nachhaltige Digitalisierung

Do you want a future of decency equality and real social justice
Fotocredit: Jon Tyson | Unsplash

Angelehnt an die UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung – die Sustainable Development Goals wollte das Digital-Magazin D3 – so geht digital in einer Blogparade* wissen: Wie könnten Ziele für eine nachhaltige, inklusive und soziale digitale Entwicklung aussehen? Hier findet ihr eine Zusammenfassung der spannenden Beiträge.

Kollaborativ und pragmatisch

Digitalisierung ist ein Begriff, der derzeit für viel Aufregung sorgt. Dem daraus resultierenden Aktionismus möchte Hannes Jähnert eine „digitale Pragmatik“ gegenüberstellen. Dazu definiert er in seinem Beitrag vier zentrale Bausteine:

  • Wir wissen was wir wollen & wie wir arbeiten und arbeiten kollaborativ.
  • Wir schätzen und nutzen die Kreativität, Intuition und Erfahrung der Mitstreiter:innen als unseren größten Ressourcenschatz und schaffen Räume für den freien Fluss des Wissens.
  • Wir arbeiten pragmatisch, iterativ und agil – Schritt für Schritt
  • Wir gehen bewusst mit neuen Entwicklungen um und wissen, ob und warum wir sie nutzen wollen.

Auch Oliver Weyer und Sebastian Sauer gehen in ihrem Beitrag zur Blogparade auf diese Themen ein. Sie stellen die Ziele für ihre Plattform #VOLTASTICS vor und fragen, ob diese nicht auch als Digital Development Goals verstanden werden können. Es geht ihnen um mehr soziale und digitale Innovation, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern.

Im Besonderen wird es wichtig sein, die begrenzten Ressourcen zu bündeln und gemeinsam mit den Akteur:innen aus Politik, Unternehmen und Organisationen viele Ideen und Visionen zu entwickeln. Diese können mit etablierten Entwicklungsmethoden ressourcenschonend iterativ umgesetzt werden.

Das Thema Kollaboration statt Konkurrenz beschäftigt auch Boy Büttner in seinem Beitrag. Viel zu oft würden Organisationen einzeln und nur für sich selbst digitale Herausforderungen bearbeiten: „Es ist es aus meiner Sicht ein lohnendes Ziel, Räume, Orte und Gelegenheiten zu fördern, in denen sich gemeinwohlorientierte Organisationen zu Digitalthemen (aber nicht nur!) austauschen, vernetzen und Zuammenarbeit entstehen lassen können.“

Um diese Räume zu schaffen, bieten Boy Büttner und seine Kolleg:innen in Kiel SocialBarCamps an. Die dort entstehende Vernetzung kann auch für sein zweites Digitales Development Goal wichtig werden: Fight for your digital rights! Ob Social Scoring oder lückenlose digitale Überwachung: Wohin die Reise gehen kann, wenn kritische Stimmen ausbleiben, beschreibt Boy Büttner anschaulich.

Barrierefrei und sparsam mit Daten

Gleich zwei Artikel stellten die Beseitigung digitaler Barrieren in den Mittelpunkt ihres Beitrags. Mittlerweile ist das technisch eigentlich ziemlich einfach zu machen – aber umgesetzt wird es noch viel zu selten.

„Die kleinste NGO leistet sich einen Nachhaltigkeitsbericht, einen Barrierefreiheits-Bericht habe ich noch nicht gesichtet.“  Wenn eine Website nicht barrierefrei ist, signalisiert das einen doppelten Ausschluss, so Domingos de Oliveira. Neben der Nicht-Nutzbarkeit signalisiert es auch: Euch sehen wir nicht als unsere Zielgruppe, obwohl die Themen gerade bei NPOs oft für die Zielgruppe relevant wären. Worauf man achten kann, um diesen Ausschluss nicht zu produzieren, wird im Beitrag vorgestellt.

Johannes Mairhofer zeigt in seinem Beitrag ganz praktisch, wie er selbst seine Beiträge barrierearm hält. Der Schwerpunkt seines Artikels liegt jedoch auf dem großen Themenkomplex Datensparsamkeit. Selbst mit gutem Beispiel vorangehen beim Datenschutz und Datensparsamkeit ist ein zentraler Schritt auf dem Weg zum Digital Development Goal. Das betont nicht nur Johannes Mairhofer, sondern auch das Team der Digitalen Nachbarschaft in ihrem Beitrag zu Blogparade.

Welche Daten sind notwendig? Wo speichern wir diese? Und wie lange müssen wir diese aufbewahren? Diese Entwicklung ist ein richtiger und wichtiger Schritt zu Datensparsamkeit und Datensouveränität.

Abfragen von Daten auf das allernötigste beschränken. Zusatzangaben freiwillig ermöglichen, wenn es sich beispielsweise um Profilseiten oder Datenbankeinträge handelt. Die umfassende Nutzung von Analytic-Tools hinterfragen – damit können wir alle anfangen.

Voraussetzungsarm und befähigend

Nicht nur die Barrierefreiheit im engeren Sinne war euch wichtig, sondern die allgemeine Zugänglichkeit zu digitalen Angeboten und die Befähigung, diese zu nutzen.

Digitale Inklusion muss überall gewährleistet sein und in Zukunft auch den ländlichen Raum erfassen und mitnehmen. Niemand darf zurückbleiben, weil die Netzabdeckung nicht reicht, es an Hardware fehlt oder weil die letzte Bankfiliale in der Nähe geschlossen hat und die Angst vorm Online-Banking zu groß ist.

Ganz praktisch zeigt Dr. Carola Croll von der Stiftung Digitale Chancen Möglichkeiten am Beispiel des Projekts bremke.digital. Hier entwickelt ein Dorf kreative Digitallösungen für ländliches Zusammenleben. Im Artikel werden drei Ziele stark gemacht:

  • Zugang auch technisch ermöglichen (Stichwort „5G an jeder Milchkanne“).
  • Digitale Angebote auch offline erfahrbar machen. So können auch Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht online dabei sind, teilhaben.
  • Befähigung der Menschen, um die – idealerweise gemeinsam entwickelten Angebote – auch souverän nutzen zu können.

Dass es mittlerweile eine Reihe von Unterstützungsangeboten im Digitalen Wandel gibt – auf Bundesebene von der Digitalen Nachbarschaft und Die Verantwortlichen #digital über die betterplace academy, opentransfer, das BBE-Forum Digitalisierung und Engagement, die Akademie für Ehrenamtlichkeit und DAKU bis hin zu D3 – so geht digital – ist dabei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu diesem Digital Development Goal, wie die Digitale Nachbarschaft in ihrem Beitrag zeigt.

Höflich, menschlich und durchdacht

Um Kommunikationsregeln für den digitalen Raum geht es im Beitrag von Julia Post. Sie appelliert an die Respektierung des Zeitbudgets jedes und jeder Einzelnen. Zum Beispiel: Auf dem Facebook-Messenger oder per WhatsApp berufliche Anfragen um 22.48 Uhr erhalten, die in einem privaten Kanal nichts verloren haben. Oder Diskussionen in großen Mailverteilern, die für die wenigsten Leser:innen relevant sind.

Ich will mich nicht unhöflich fühlen, wenn ich Nachrichten nicht beantworte, die seitenlang sind und bei mir im Internet zugängliche Informationen für Bachelor- oder Masterarbeiten abfragen.

Das Ziel sollte also sein, sich in die Empfänger:innen der eigenen Kommunikation hineinzuversetzen. Es geht darum, mit mehr Empathie gemeinsam zielführender und höflicher zusammenzuarbeiten. Das findet sich auch in den Digital Development Goals von #VOLTASTICS wieder. Neue Lösungen sollen die Nutzer:innen beim Engagement unterstützen, nicht neue Aufwände erzeugen.

Lasst uns dazu im Gespräch bleiben!

Viele spannende und wichtige Punkte wurden in der Blogparade angesprochen. Weitere Themen und Beiträge dazu wurden uns für 2020 bereits zugesagt. Auch der neunte Beitrag zu unserer NPO-Blogparade sieht weiteren Gesprächsbedarf. Dr. Serge Embacher vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement lädt in seinem Beitrag dazu sein, über die Bedeutung und Auswirkungen des digitalen Wandel auf das bürgerschaftliche Engagement zu diskutieren. Beim BBE-Forum „Digitalisierung und Engagement“ geht es in den kommenden zwei Jahren darum, als Zivilgesellschaft vom Reagieren ins Gestalten zu kommen.

Vorsätze für 2020: Digital Development Goals umsetzen!

Wenn wir uns die Themen der NPO-Blogparade anschauen, uns an Diskussionen und Veranstaltungen erinnern und eure Appelle aufgreifen, dann sind wir gespannt auf das neue Jahr! Denn viele Non-Profit-Akteur:innen haben in Sachen Digitalisierung das Zepter schon in die Hand genommen. Gemeinsam können wir stärker sein, voneinander lernen und entscheiden, wie eine faire, soziale und inklusive digitale Zukunft für alle aussieht!

Alle Beiträge der NPO-Blogparade

*Was ist eine Blogparade?

Ein Blog ruft zu einem bestimmten Thema eine Blogparade aus. Blogger:innen, die das Thema interessiert, veröffentlichen Beiträge auf ihrem eigenen Blog. Dann verlinken sie ihren Beitrag via Pingback oder Kommentar mit dem initiierenden Blog. Nach Abschluss der Blogparade fasst der initiierende Blog die Beiträge zusammen und erstellt eine Übersicht. So werden die Inhalte der Blogparade und das Netzwerk der Beteiligten sichtbar.


Erstveröffentlichung auf D3 – so geht digital am 17. Dezember 2019 von Friederike Petersen. D3 – so geht digital ist Medienpartner des #dss2020